Bäume und Wälder haben vielfältige ökologische und wirtschaftliche Funktionen. Sie sind wichtige Lebensgrundlage unserer Gesellschaft und wesentliche Elemente unserer Lebensraumqualität. Erhebliche Rechtsunsicherheiten betreffend mögliche Haftungsfolgen brachten die Baumhalter und damit unsere Bäume während der letzten Jahrzehnte unter immer stärkeren Druck, was in der Praxis dazu führte, dass immer mehr Bäume „vorsorglich behandelt“, also verstümmelt oder gar gefällt wurden.

Diese vermeintlich als notwendig empfundenen und leider viel zu oft als überbordend einzustufenden Eingriffe in Bäume und Baumbestände stehen den vielfältigen öffentlichen Interessen an der Erhaltung gesunder Baumbestände mit ihren Wohlfahrts-, Schutz- und Erholungswirkungen diametral entgegen.

Es besteht also dringender Handlungsbedarf. Die bis dahin bestehenden Bemühungen wurden ab 2015 unter Ägide der Stadt Wien – Umweltschutz zu einer breit angelegten Initiative, der Plattform „Österreichische Baumkonvention“ zusammengeführt.

Dank der breiten Unterstützung und konstruktiven Mit- und Zusammenarbeit zahlreicher Expertlnnen aus Praxis, Verwaltung und Wissenschaft war es der Plattform möglich, eine Reihe wesentlicher Schritte zum Schutz der Bäume vor überbordenden Eingriffen zu setzen. Die bisherige Arbeit der Plattform „Österreichische Baumkonvention“ hat klar gezeigt, dass im Zusammenwirken aller relevanten AkteurInnen sehr viel erreichbar war und noch vieles zu erreichen ist.

Die InitiatorInnen der Plattform „Österreichische Baumkonvention“ haben nun den gemeinnützigen Verein „Forum Baumkonvention“ gegründet, der eine bundesweite Anlaufstelle für diesbezügliche Fragen und Handlungsnotwendigkeiten bietet. Damit geht der eingeschlagene Weg zum Schutz und zur Erhaltung unserer Bäume und Wälder auf breiter Basis weiter (Startseite).

Aktueller Beschluß der LandesumweltreferentInnenkonferenz (Mai 2023)

Die LandesumweltreferentInnenkonferenz hält nach wie vor eine möglichst klare Regelung der Verpflichtung von Baumhalter*innen im ABGB für erforderlich, um – vor allem in Zeiten des Klimawandels – Bäume vor haftungsbedingten Fällungen zu bewahren.

• Frau Bundesministerin für Justiz wird daher ersucht, den vorliegenden Entwurf einer Änderung des ABGB zu Fragen der Baumhaftung zu präsentieren. Ein derartiger Entwurf sollte jedenfalls die Betonung der Gemeinwohlverantwortung sowie der Bedeutung des ökologischen Wertes von Bäumen, auch im Hinblick auf den Klimawandel, die Betonung der Eigenverantwortung sowie die Beseitigung der Gebäudeanalogie und eine Angleichung an den Sorgfaltsmaßstab der Wegehalterhaftung beinhalten.​

• Die LandesumweltreferentInnenkonferenz spricht sich für die Weiterführung der Aktivitäten der Österreichischen Baumkonvention aus, die unter anderem durch einen gemeinnützigen Verein vorangetrieben werden.

Leitfaden Baumsicherheitsmanagement

Mehr Rechtsicherheit für Baumverantwortliche

Neuer Leitfaden: Mehr Rechtssicherheit für Baumverantwortliche vl. Wiens Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky und Justizministerin Alma Zadić. Copyright: PID/Martin Votava

vl. Wiens Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky und Justizministerin Alma Zadić. Copyright: PID/Martin Votava

Justizministerin Alma Zadić und Wiens Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky konnten nun einen gemeinsam erarbeiteten Meilenstein für einen besseren Schutz von Bäumen vor überzogenen Sicherheits-Schnitten präsentieren: Den „Leitfaden Baumsicherheitsmanagement – Bäume sichern und erhalten“. …

Regierungsprogramm 2020 – 2024

„Evaluierung der haftungsrechtlichen Sorgfaltsanforderungen bei der Kontrolle und Pflege von Bäumen und Wäldern mit dem Ziel, Österreichs Bäume und Wälder zu erhalten und unnötiges Zurückschneiden oder Fällen von Bäumen zu verhindern (Wegehalterhaftung)“
Zitat aus dem türkis-grünen Regierungsprogramm

Mehr Rechtssicherheit für Baumverantwortliche

Ausgangslage

Die Plattform „Zukunft mit Bäumen – Bäume mit Zukunft“ will mehr Rechtssicherheit und Klarheit in Haftungsfragen für Baumverantwortliche schaffen und damit wertvolle Baumbestände vor „Angstschnitten“ schützen. Es gilt, gemeinsam mehr in Richtung Bewusstseinsbildung, Achtsamkeit, Gemeinwohl und Eigenverantwortung zu gehen.

Bäume haben einen enormen ökologischen, gesellschaftlichen und auch wirtschaftlichen Wert: Sie leisten einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz, indem sie CO2, ebenso wie Luftschadstoffe und Staub, binden. Gleichzeitig tragen sie entscheidend zur Minderung der Klimawandel-Folgen bei: Sie spenden Schatten, kühlen, helfen Regenwasser im Boden zu binden, verlangsamen bei Starkregen den Ablauf und können dadurch Überflutungen oder Hangrutschungen verhindern. Sie sind wertvoller Lebensraum für zahlreiche Tierarten; selbst ihr Totholz bietet vielen Insekten, Vögeln und Fledermäusen Nahrung und Unterschlupf. Darüber hinaus sind Bäume die Basis für Lebensqualität. Ihr wirtschaftlicher Wert liegt nicht nur in der Holzgewinnung, sondern sowohl Einzelbäume als auch Wald sind wesentliche Faktoren für Wohlfühlen und landschaftliche Schönheit in einem Tourismusland wie Österreich.

Und doch bringt die Entwicklung der letzten 15 Jahre unsere Bäume und Wälder unter massiven Druck: Alte, großkronige Bäume in Parks und an öffentlichen Plätzen werden zunehmend zurückgeschnitten oder gleich gefällt bzw. durch junge Säulenbäumchen ersetzt, Alleen verschwinden schrittweise aus dem Straßenraum, kleine Waldwegerln werden zu breiten „Wandertrassen“ freigeschnitten, an Forststraßen und Landstraßen alle Bäume beidseitig auf Flächen im Ausmaß von ca. 25 m – das entspricht in etwa einer Baumlänge – entfernt.

Aus schmalen Waldwegen oder Forststraßen entstehen durch massive Baumfällungen breite Schneisen.
Eine der Hauptursachen dafür ist die Sorge der Baum- und Wege-Erhalterinnen und -Erhalter, zivil- und auch strafrechtlich zu haften, wenn es um herabfallende Äste und umstürzende Bäume geht. Dabei ist die wachsende Tendenz zu „Sicherheitsschnitten“ weder aus der geltenden Rechtslage noch aus der Judikatur ableitbar.

Im Bereich der Haftung für Bäume und Wälder muss die Tendenz beobachtet werden, dass die betroffenen Verkehrskreise das Risiko einer Haftung für einen Schadensfall – trotz an sich zurückhaltender Rechtsprechung – überbewerten. In der Praxis führt das dazu, dass die potenziell  Haftungsverantwortlichen zum Teil überbordenden Vorsichtsmaßnahmen treffen, die in ihrer Intensität keine Grundlage in den rechtlichen Gegebenheiten finden. Dies hat nicht nur eine Fehlallokation von Ressourcen zur Folge, sondern vor allem den Verlust gesamtgesellschaftlich höchst bedeutsamer ökologischer Werte, nämlich die Verminderung von Wald- und Baumbestand aus Sorge vor einer möglichen Haftung.
(Auszug aus den Thesen, die beim Symposium „Baumsicherung“ in Hainburg 2019 erstellt wurden, siehe unten.)

Um hier gegenzusteuern, wurde seitens der Stadt Wien die Plattform „Zukunft mit Bäumen – Bäume mit Zukunft“ initiiert, die inzwischen bereits von mehr als 35 Institutionen unterstützt wird: Vertretungen großer Forstbetriebe, NGOs, öffentliche Verwaltungen, Naturschutzorganisationen, Schutzgebietsverwaltungen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Vertreterlnnen der Normenausschüsse Baumpflegerinnen und Baumpfleger, Umweltanwaltschaften sowie der Städte- und der Gemeindebund.

Projektstudie zu Haftungsfragen

Ein Ausgangspunkt für die Initiative war eine Projektstudie zu umweltrechtlichen Haftungsfragen, die 2016 von der Wiener Umweltschutzabteilung (MA 22) gemeinsam mit den Dienststellen der Stadt Wien, in deren Verantwortung die Wald- und Baumpflege liegt, sowie der Wiener Umweltanwaltschaft in Auftrag gegeben worden war.

Die Autorinnen und Autoren belegten darin, dass die derzeitige Gesetzeslage in Bezug auf Baumhaftung in Österreich zu einer uneinheitlichen Judikatur führt. Insbesondere Einzelfälle, führen zu einer Verunsicherung betreffend die Haftung von Baum- und Waldbesitzerinnen und -besitzern. Inhalt der Studie sind zudem konkrete Vorschläge zu Gesetzesänderungen in ABGB und Forstgesetz.

UBA-Studie: Ein Viertel aller Baumbestände betroffen

Eine im November 2019 präsentierte Studie des Umweltbundesamtes (UBA) kam zu dem Ergebnis: Theoretisch ist fast ein Viertel aller Waldflächen Österreichs von „Angstschnitten“ bedroht. Insgesamt sind es 959.029 Hektar – das sind 24,1 Prozent aller bundesweiten Waldstücke. Das UBA hatte für diese Studie im Auftrag der Wiener Umweltschutzabteilung sämtliche Verkehrswege Österreichs – von Autobahnen und Schnellstraßen über Landstraßen bis hin zu Forststraßen und Wanderwegen – analysiert.

Schwerpunkte der Plattform „Zukunft mit Bäumen – Bäume mit Zukunft“

An folgenden inhaltlichen Schwerpunkten wird derzeit im Rahmen der Plattform gearbeitet:

  • Darstellung, welche enorme ökologische Bedeutung Baum- und Waldbestände haben und welche Herausforderungen durch den Klimawandel entstehen. Ihre ökologischen und gesundheitlichen Wirkungen, gerade auch angesichts der neuen klimatischen Verhältnisse, stehen dabei im Fokus.
  • Mehr Achtsamkeit, Eigenverantwortung und Bewusstseinsbildung bei den Verantwortlichen sollen erreicht werden.
  • Unterstützung der erforderlichen gesetzlichen Klarstellungen im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) und im Forstgesetz:
    Im ABGB soll sichergestellt werden, dass Bäume nicht mehr, wie bisher, wie Gebäude, sondern als Naturgebilde beurteilt werden. Derzeit besteht die absurde Situation, dass in Haftungsfragen Bäume wie Gebäude mit all ihren Sicherheitsbestimmungen behandelt werden. Diese rechtliche Grundlage hat entscheidende Konsequenzen in Haftungsfragen. Im Forstgesetz soll eindeutig geregelt werden, dass für waldtypische Gefahren nicht gehaftet wird. Analog wie zum Beispiel bei Lawinenwarnungen sollte klar sein, dass sich bei schweren Stürmen niemand im Wald aufhalten sollte.
  • Erarbeitung eines gemeinsamen Leitfadens, der allen Baumverantwortlichen wesentliche Informationen vermitteln sowie einen achtsamen und vor allem nachhaltigen Umgang mit Baumbeständen ermöglichen und Rechtsicherheit bieten soll. Der Leitfaden soll eine klare Vorgangsweise für Baumverantwortliche festlegen damit diese bei der Baumpflege auf der sicheren Seite sind und gleichzeitig Baumbestände erhalten bleiben.
  • In der Lehre für zukünftige Baumsachverständige ansetzen: Die ökologische Bedeutung von Bäumen und das Ziel derer Erhaltung in der Baumpflege soll verstärkt in die Lehrinhalte der Ausbildungen einfließen.
  • Regelmäßige Abhaltung von Fachtagungen und Symposien zum Wissens- und Informationsaustausch und um neue innovative Lösungsansätze zu erarbeiten.

Beschlüsse zur Erhaltung der Bäume und mehr Eigenverantwortung:

  • Wiener Gemeinderatsbeschluss 2013
    Beschluss betreffend Änderung der Wegehalterhaftung im ABGB mit Fokus auf Schutzgebiete.
  • Wiener Landtagsbeschluss 2016
    Beschluss betreffend Änderung der Wegehalterhaftung im ABGB und im Forstgesetz auf Basis der Ausführungen der Studie von Frau Prof. Erika Wagner (et al).
  • LandesumweltreferentInnenkonferenz in den Jahren 2016, 2018, 2019, 2020
    Beschlüsse betreffend umweltrelevante Haftungsfragen: Änderung des ABGB, des Forstgesetzes 1975 und des Wasserrechtsgesetzes 1959 mit dem Ziel den Baum- und Waldbestand vor überschießenden haftungsbedingten Fällungen zu schützen und die Eigenverantwortung der Einzelnen zu stärken.
  • LandesnaturschutzreferentInnenkonferenz 2019
    Beschlussfassung betreffend Änderung des ABGB, des Forstgesetzes 1975 und des Wasserrechtsgesetzes 1959 mit dem Ziel, Bäume und Wald in ihrer umfassenden Funktion für die Umwelt und Gesellschaft zu erhalten.
  • Niederösterreichischer Landtag 2019
    Verabschiedung einer Landtagsresolution betreffend Änderung der Baumhaftungsregelung und Stärkung der Eigenverantwortlichkeit bei Nutzung des Waldes.

Weitere Beschlüsse und Info finden Sie auf der Seite „Download und Info“ Link

Die InitiatorInnen der Plattform „Österreichische Baumkonvention“ haben nun den gemeinnützigen Verein „Forum Baumkonvention“ gegründet, der eine bundesweite Anlaufstelle für diesbezügliche Fragen und Handlungsnotwendigkeiten bietet. Damit geht der eingeschlagene Weg zum Schutz und zur Erhaltung unserer Bäume und Wälder auf breiter Basis weiter.